Nachhaltig Bauen

Kann ein Neubau nachhaltig sein? Eigentlich nicht. Neu ist in den seltensten Fällen nachhaltiger als alt, als gebraucht. Aber gerade bei einem Neubau hat man vieles selbst in der Hand. Man hat die Wahl, sich bewusst FÜR gewisse Dinge und Materialien zu entscheiden und GEGEN andere. Nachhaltig ist nicht gleich teuer. Qualität hat natürlich ihren Preis, das ist überall so. Aber es muss an und in einem Neubau nicht immer alles gleich neu sein. Alt, gebraucht, regional, energieeffizient. Das sind alles Begriffe, die für mich weit mehr mit Nachhaltigkeit zu tun haben, als so manches Neues. Wir haben neu gebaut. Und uns ganz bewusst dafür entschieden. Wie wir unser #projektDaHaM nach bestem Wissen und Gewissen geplant und umgesetzt und wie wir Nachhaltigkeit für unseren Neubau definiert haben, möchte ich euch hier erzählen.

Umbau vs. Neubau

Wir hätten auch umbauen können. Das Haus meiner Schwiegereltern, in dem wir einige Jahre gewohnt haben. Wir haben es in Erwägung gezogen, lange abgewogen und ernsthaft darüber nachgedacht. Ein altes Haus zu renovieren, hätten wir in Kauf genommen. Womit wir unser Problem hatten, war der Energiebedarf des Hauses. Es liegt nämlich auf der Gailtaler Schattseite, in einem Ort, in dem es die Sonne im Winter nicht über die Berge schafft. Im Klartext: Zwei Monate ohne einen einzigen Sonnenstrahl. Abgesehen vom Wohlbefinden bedeutet das ständiges Heizen und wenig natürliches Licht in den Wohnräumen, ohne auf Sonnenenergie zurückgreifen zu können.

IMG_4293Das war unser K.O.-Kriterium und der ausschlaggebene Punkt für unsere Entscheidung ein neues Haus zu bauen. Und so spielte für uns das Thema Nachhaltigkeit bzw. Energieeffizienz bereits bei der Suche nach dem geeigneten Baugrundstück eine zentrale Rolle.

Die Zutaten

Ein ganz normales Haus, mit normalen Materialien. Kein künstlicher Schnickschnack, keine zentimeterdicken Platten aus Erdöl. Das schwebte uns vor. Eigentlich ein Haus, wie sie es früher gebaut haben. Dicke Wände, hochwertige Fenster und möglichst natürliche Rohstoffe. Uns war wichtig bereits mit dem Mauerwerk die richtige Basis für eine gute Wärmedämmung zu schaffen. Mit 38 Zentimeter starken, großporigen Hohlraumziegeln für die Außenwände sind wir auf der sicheren Seite.

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Außenwände mit 38er-Ziegeln. Hier entsteht übrigens die Südwand unseres Wohnzimmers mit der großen Fensterfront.
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Kalkputz gibt es bei uns in allen Wohn- und Schlafräumen.

Kalkputz. Für ein angenehmes Raumklima sorgt ein laut Hersteller „ökologischer, wohnbaubiologischer, Raumklima-regulierender Innenkalkputz“. Es mag Einbildung sein oder vielleicht ist doch etwas dran. Aber langsam fällt es auf, dass eigentlich jeder, der zum ersten Mal in unser Haus kommt, meint „bei euch ist es aber angenehm!“ Wir fühlen uns wohl, schlafen gut (wenn uns die zwei jüngsten Familienmitglieder lassen) und empfehlen, auf die Qualität des Innenputzes und der Wandfarben zu achten.

Erdwärme. Vorhandene Energie umwandeln und effizient nutzen. Das war und ist uns ein großes Anliegen. Luftwärmepumpe und Erdwärme waren in der engeren Auswahl. Wir haben Vor- und Nachteile abgewägt, alles durchgerechnet und uns schließlich für Erdwärme entschieden. Umgelegt auf unser Bauprojekt bedeutet das zwei Mal 90 Meter tiefe Bohrungen für die Tiefensonden. Darin zirkuliert eine Mischung aus Wasser und Frostschutzmittel, die mit einer Ausgangstemperatur in die Tiefe geschickt und von der konstanten Wärme der Erde um ein paar Grad erwärmt wird. Diese geringe Temperaturunterschied reicht aus, um das Wasser für unsere Fußbodenheizung zu aufzubereiten.

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Die Wärmepumpe, die diesen Vorgang steuert, wird mit dem Strom von unserem Dach angetrieben. Über die Nachhaltigkeit von PV-Platten (und deren Herstellung) lässt sich streiten, für uns sind sie die optimale Ergänzung zur Erdwärme-Heizung.

Mit der Sonne. Sich türmende Wäscheberge und den vollen Geschirrspüler ignorieren, das musste ich erst lernen, zugegeben. Aber jetzt, nach eineinhalb Jahren in unserem Haus, würde ich nach Sonnenuntergang nie auf die Idee kommen, die Waschmaschine, das Backrohr oder den Geschirrspüler zu aktivieren. Es gibt Ausnahmen, das ist klar. Aber in der Regel waschen und kochen wir, wenn wir unseren eigenen Strom haben. Die 20 Photovoltaik-Platten, die in unsere Dachfläche integriert sind, sind auf 5,1 kWp ausgelegt. Damit kommen wir ganz gut über den Tag und alles, was wir nicht verwenden, speisen wir in das örtliche Stromnetz ein. Nachts und bei Schlechtwetter sind wir selbst auch darauf angewiesen, denn Möglichkeit den eigenen Strom zu speichern, haben wir bislang keine.

Behaglichkeit und Wärme. Unser absolutes Highlight, speziell jetzt im Winter, ist ganz klar der Kachelofen. Wir haben kurz überlegt, ob wir uns die Kosten anfangs sparen und das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt umsetzen sollen. Heute sind wir jeden Tag dankbar und froh, dass wir den Kachelofen gleich in der Bauphase setzen ließen. Mit einer Heizleistung von rund 5 kW ist er in den kalten Monaten unser primärer Wärmelieferant für das gesamte Obergeschoß.

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Gebraucht tut’s auch. Wer ein Haus baut, muss Entscheidungen treffen. Sehr viele Entscheidungen. Manche davon sind dringend, andere lassen sich aufschieben. Ein großer Part, den wir seelenruhig auf später verschoben haben, ist die Einrichtung. Fast alle Möbel, die aktuell in unserem DaHaM stehen, sind gebraucht. Auf die Schnelle fallen mir nur die Küche und ein paar Kästchen ein, die wir seit unserem Einzug neu gekauft haben. Den Esstisch, die Couch, den Kasten im Kinderzimmer und die Badezimmermöbel haben wir aus unserer alten Wohnung mitgenommen. Unser Bett samt Kommode, alle Schreibtische, ein paar Regale und die Couch im Kinderzimmer stammen noch aus unserer Grazer Studentenwohnung. Das Gitterbett und den Wickeltisch haben wir gebraucht geschenkt bekommen und in dem Bett, in dem unser Großer schläft, habe ich als Kind schon geschlafen. Die Kästen in unserem „Ankleideraum“ stammen zum Teil auch aus meinem alten Kinderzimmer, die anderen haben wir gebraucht bekommen.

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Irrsinnig bequem: Unsere Esszimmerbank aus den 1960er Jahren

Auch, wenn nicht alles unseren heutigen Ansprüchen an Qualität und Design entspricht, war es für uns die einzig logische Herangehensweise unser Haus einzurichten. Wir hätten auch nicht die Zeit (und das Geld) gehabt, um gleich mit dem Einzug alles neu möblieren zu können. Außerdem erfüllen die meisten der genannten Möbelstücke ihren Zweck ganz hervorrangend. Natürlich wollen wir nach und nach einiges erneuern, speziell die Einrichtungsgegenstände in den Räumen, in denen die alten Teile stilistisch einfach nicht hineinpassen. Wir lassen uns damit ganz bewusst Zeit, denn wir möchten Dinge anschaffen, die uns möglichst lange gefallen. Qualität vor Quantität. Und über die alten Teile freut sich dann hoffentlich jemand anders.

Think global, act local. Nachhaltig heißt für mich auch regional. Was keine weiten Wege beansprucht, was die heimische Wirtschaft fördert, was Arbeitsplätze sichert und die Lebensqualität in unserem schönen Tal, ist für mich nachhaltig. Weil es nicht egal ist, wo wir kaufen, weil die Wertschöpfung in der eigenen Region uns alle betrifft. Weil wir in einem Tal leben, wo man sich kennt, wo man sich gegenseitig unterstützt. Weil man dort kauft, wo man weiß, dass die Qualität stimmt. Weil wir auch in den nächsten Jahren noch hier leben und arbeiten möchten. Und weil das Gute oft näher liegt, als man denkt.

Wenn ihr Fragen zu Details habt oder wenn es Themen gibt, über die ich einmal ausführlicher berichten soll, schreibt mir gerne! Ich freue mich über jede Rückmeldung.

Themenschwerpunkt „Nachhaltigkeit“ bei #kärntenbloggt:

Bis bald und schön, dass ihr bis zum Schluss durchgehalten habt!

Lieben Gruß,
eure Dani

4 Kommentare zu „Nachhaltig Bauen

  1. Hi Dani!
    Sehr toll, wie ihr euer #ProjektDaham so nachhaltig wie möglich umgesetzt habt. Wir haben bei unserem Neubau an den Altbau leider auf den Kachelofen verzichten müssen, da dieser mitten durch unseren Wohnbereich geführt hätte. Zu schade, denn ich liebe die wohlige Wärme eines Ofens, da ich das von meinem Elternhaus seit jeher kannte. Gut, dass ihr da nicht gespart habt. Es ist völlig OK, dass ihr nicht alles sofort neu eingerichtet habt. So hat euer Zuhause einen ganz eigenen Charme.
    LG Anita

  2. Hallo Dani!
    Ein toller und umfassender Bericht über euer Daham und seine Bauweise. Diesbezüglich habe ich leider viel zu wenig Erfahrung und bin immer wieder erstaunt, was alles gemacht und umgesetzt werden kann.
    Viele unserer Einrichtungsgegenstände sind auch gebraucht und es ziehen nach und nach die neuen Möbelstücke erst bei uns ein. Es macht aber nichts, wir finden es auch so gemütlich, ich stelle mir vor, bei euch ist es ähnlich! Und wenn es dann trotzdem etwas Neues in das Haus schafft, freut man sich ja umso mehr darüber.
    alles liebe, Vera

  3. Wow…! Euer Haus ist einfach wunderschön! Solltest du dort einmal nicht mehr wohnen wollen, feel free for contact! 🙂 Scherz beiseite, großartig, wie nachhaltig ihr euer Haus gebaut und eingerichtet habt! Viel Freude darin weiterhin. Lg

  4. Ein wirklich toller Artikel. Wir haben auch voriges Jahr neu gebaut und uns für dicke (42 cm) Ziegel entschieden. Ein Ziegel, ist ein Ziegel (O-Ton meines Papas) 😀 Regionalität war mir auch beim Auswahl der mitwirkenden Firmen wichtig. Auf Kunststoffböden haben wir komplett verzichtet, auch wenn Vinyll ja derzeit hoch in mode ist. So ganz vertrau ich da dem Plastik nicht 😉

    LG Kerstin von visiona’s Wunderwelt

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